Im Folgenden die Zusammenfassung des Buches Störungen in der Schulklasse: Ein Leitfaden zur Vorbeugung und Konfliktlösung von Hans-Peter Nolting.
Kursive Inhalte sind direkte Zitate aus dem Buch. [Anmerkungen] von mir stehen in eckigen Klammern.
Kapitel 1 und 2 sind top und hier ausführlich zusammenfasst. Nach einer theoretischen Hinführung werden die Forschungsergebnisse von Jacob Kounins dargestellt.
Kapitel 3 beschreibt aus meiner Sicht einen Ansatz der heute auch Gamification genannt wird. Durch extrinsische Motivationen (Punkte sammeln, Prämien erhalten, „Lebenspunkte“ verlieren etc.) soll der Schüler das erwünschte Verhalten zeigen. Das steht aus meiner Sicht nur in geringen Zusammenhang zu vorherigen. Persönlich sehe ich den Ansatz skeptisch, da Untersuchungen gezeigt haben, dass extrinsische Motivation eine intrinsische auslöschen kann. Das umwandeln erscheint mir nicht so trivial wie dargestellt.
Kapitel 4 ist dann nur noch kurz von mir umrissen, da hier Ansätze aus der Betriebswirtschaft / Softwareentwicklung mit für die Lehrsituation passenden Vokabular beschrieben werden. Für reine Lehrer vermutlich geeignet. Für Wirtschaftsinformatiker gibt es aber deutlich bessere (und teilweise vollständigere Modelle). Der Grundsatz ist immer trivial: Was will ich? Wie ist die Situation? Wie komme ich zu meinem Ziel? Bin ich noch auf dem richtigen Weg? Das dann in leichten Abweichungen, konkreten Methoden und mit Fachwörtern ergibt viele „innovative“ Modelle.
von Hans-Peter Nolting
Es sei wie beim Geigenspiel: Fehler könne man benennen, hervorragendes Spiel erscheine dagegen leicht und mühelos. Und genauso falle Außenstehenden kaum auf, wie eine Lehrkraft eine flüssige, glatte Unterrichtsführung zustande bringe; es sehe fast so aus, als ob sie »nichts mache«.
Lehrer werden in der Ausbildung nicht auf die Klassenführung vorbereitet. Dadurch agieren Lehrer eher nach Vorbildern oder eigenem Temperament. Wissenschaftliche Ansätze werden so nicht konsequent umgesetzt.
Arten von Störungen:
Definitionen:
Nach der funktionalen Definition kann auch die Lehrkraft für die Störung verantwortlich sein, wenn sie den Unterricht beispielsweise für langatmige Ermahnungen unterbricht.
Störungen sind interpersonelle oder intrapersonelle Konflikte. Ein Konflikt ist keine Konfrontation.
Der Unterrichtserfolg hängt entscheidend davon ab, wie lang Schüler sich mit den Lernaufgaben beschäftigen, also die Zeiten Unterricht aktiv nutzen. Dadurch ist das Thema Unterrichtsstörung wichtiger als die Anzahl der ausgefallenen Unterrichtsstunden.
Blickrichtungen für Gründe:
Fehlannahme: Unterrichtsstörungen können durch interessanten Unterricht nicht vermieden werden (aber durchaus reduziert), dies liegt daran, dass es immer interessantere Einflüsse geben kann oder dass nicht interessanter Themen vermittelt werden müssen, außerdem werden Themen teilweise erst spannend, wenn man sich ausreichend damit beschäftigt hat.
Zielstellung des Buches ist eher pragmatisch. Es sollen machbare Wege diskutiert werden, welche allein durch den Lehrer beschritten werden können. Nach obiger Erläuterung, werden auch hier die meisten Gewinne erwartet.
Unter 101 Lehrern wurde gefragt, was wichtig sei, um Disziplinprobleme zu minimieren. Dabei wurden die folgenden Antworten am meisten genannt:
Auf der Suche nach effektiven Disziplinierungsmaßnahmen, stellte sich heraus, dass identische Maßnahmen in verschiedenen Szenarien vollkommen gegensätzliche Erfolge erzielt. Durch Videobeobachtungen wurden stattdessen die folgenden vier Dimensionen für Unterricht mit möglichst geringen Disziplinproblemen gefunden:
withitness and overlapping (Allgegenwärtigkeit und Überlappung)
Es muss rechtzeitig reagiert werden und es müssen die richtigen Schüler angesprochen werden. Dies soll parallel zum regulären Unterrichtsverlauf passieren, sich quasi mit diesen überlappen.
Allgegenwärtigkeit meint, dass die Lehrpersonen Augen im Hinterkopf habe.
Die Lehrperson soll quasi Störfälle bereits im Keim erkennen und während sie sich mit anderem beschäftigt (vorträgt oder einzelnen Schülern hilft) auf diese Störungen reagieren. Dazu kann es auch notwendig sein die aktuelle Tätigkeit zu unterbrechen, aber dann didaktisch so, dass bei den nicht betroffenen Schülern kein Leerlauf entsteht.
smoothness and momentum (Reibungslosigkeit und Schwung)
Damit ist gemeint, dass der Unterricht nicht wegen belangloser Reize oder durch Sprunghaftigkeit im Thema unterbrochen wird. (Marginale, nicht störende Regelverstöße oder etwa spontane organisatorische Ansagen)
group focus (Aufrechterhaltung des Gruppenfokus)
die Aufmerksamkeit möglichst viele Schüler zu aktivieren, auch derer die nicht dran sind:
Gruppenmobilisierung – Fragen direkt an alle im Plural an die Klasse stellen. Dadurch müssen alle Schüler damit rechnen antwortfähig zu sein
Rechenschaftsprinzip – es wird von mehreren Schülern das Ergebnis kontrolliert. Es kommen nicht nur wenige sondern viel Schüler Unterricht dran, es werden die Ergebnisse von mehreren Schülern ab geprüft (etwa durch rum gehen, oder hochhalten der Lösungen
programmierte Überdruss vermeiden [Wird in andere Literatur (1) (2) nicht genannt, Anm. Dorn]
stimulierende Anstöße an Überleitungsstellen („aufgepasst, jetzt wird es lustig“)
Abwechslung in den Aktivitäten
Diese Dimension hat eine nicht so große Auswirkung wie die anderen (lebensnäher Schwierigkeitsgrad etc. wurden nicht ausreichend untersucht)
Fazit
Abschließend wird festgestellt, dass die Frage nicht lautet „Was tue ich, wenn…?“ sondern lautet „Was tue ich, damit nicht…?“
In diesem Kapitel werden unterstützende Untersuchungen genannt. Eine wichtige Ergänzung sind beständige Ordnungsstrukturen. Diese werden durch Regeln geschaffen. Ebenso gehören dazu organisatorische Vorbereitungen, welche eine problemlose Unterrichts Durchführung ermöglichen (Aspekte der Prä-Interaktion)
Auch wenn Maßnahmen sofort wirken, muss dies kein langfristiger Erfolg sein. So stellt etwa das heftige zurechtweisen das Gefühl von Unbehagen und Peinlichkeit, sowie Erleichterung bei Unbetroffenen ein. Gerade bei jungen Schülern entstehen so Verhaltensbrüche (besorgte Gesichter, Unterbrechung der Arbeit)
In der obigen Untersuchung konnte darüber hinaus nicht gezeigt werden, dass Disziplinprobleme mit der Größe der Klasse zusammenhängen würden. Dies kann daran veranschaulicht werden, dass etwa Eltern mit der Minimalklasse (nur ihr eigenes Kind) bereits überfordert sind.
Vorschau auf vier disziplinarrelevante Bereiche des Lehrerverhaltens:
Die Einführung von Regeln
Regeln müssen nicht nur bekannt gemacht, sondern teilweise auch gut geübt werden (etwa das Aufräumen im Kunstunterricht, oder das Arbeiten mit dem Mikroskop)
„rules and procedures“ beim englischen classroom management (Verhaltens und Verfahrensregeln)
Regeln sollten am allerbesten für die gesamte Schule, oder wenigstens für eine Klasse von allen Lehrern abgestimmt sein.
Meta-Regeln für das Einführen von Regeln:
Schüler sollten an der Einführung von Regeln beteiligt werden. Mindestens sollten Sie diskutiert werden, indem sie mit einem Problem konfrontiert werden, für das es eine Lösung braucht.
Regeln sollten möglichst frühzeitig eingeführt werden, aber nicht alle auf einmal. Regeln müssen gegebenenfalls diskutiert, revidiert und manchmal abgeschafft werden
Anreize für die Einhaltung und Sanktionen für Verstöße klarstellen.
Eigene Regeln wirklich ernst nehmen
Es ist fatal, wenn Lehrer die eigenen Regeln nicht so ernst nehmen, wie sie klingen.
So darf man sich nicht mit halben Erfolgen zufrieden geben, wenn die Lautstärke nur absinkt. Mit einer Übertönungsstrategie, stellt man die Regeln gegen Unruhe faktisch infrage.
Gute Organisation
Gestaltung des Klassenraums
Planung methodischer und organisatorischer Abläufe
Aktivierung durch Anregen |
|
Schülerverhalten |
|
Aktivierung durch Reagieren |
Darbieten, Fragen oder Aufgaben stellen, nonverbale Stimuli |
→ |
Lerntätigkeiten |
→ |
Aufnehmen, Kontrollieren, Bewerten |
Kollektive Aktivierung statt Aktivierung einzelner (Beispiel: Ein Schüler arbeitet allein an der Tafel, es wird sich ausschließlich mit schwachen oder mit leistungsstarken einzelnen Schülern bzw. Gruppen beschäftigt)
Anregende Darbietung
interessante Themen, an Erfahrungen der Schüler anknüpfen, etwas rätselhaftes ein Flechten, öfters die Methode wechseln, lebendig sprechen, verschiedene Medien einsetzen
Inhalte sollten auch über das Ausdrucksverhalten wie Stimme, Mimik, Gestik und die Bewegung im Raum mit unterstrichen werden.
Rund ums Frageverhalten
Fragen sollen möglichst viele Schüler ansprechen und herausfordern. Es muss auch Zeit zum Nachdenken gegeben werden, um langsam Schülern Zeit zu lassen. Dies kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass aufgefordert wird sich für die Antwortnotizen zu machen. Zwischenrufe sollten nicht angenommen werden, wenn vereinbart wurde, dass sich vor einer Antwort gemeldet werden muss.
Vier Fragetypen:
Es sollten auch Schüler drangenommen werden, die sich nicht melden (Achtung: Prinzip nicht übertreiben!, das kein Klima der Angst/Bloßstellen entsteht)
Aktivierung bei Stillarbeit und Gruppenarbeit
Aufgaben sollten mit Anstrengung lösbar sein. Nach Möglichkeit sollte die Gesamtaufgabe aus Teilaufgaben unterschiedlicher Schwierigkeit bestehen, sodass für jeden etwas dabei ist. Gegebenenfalls sollten extra Zusatzaufgaben angeboten werden
Instruktionen für die Stillarbeit müssen präzise und schriftlich dokumentiert sein.
Bei der Stillarbeit sollte eine breite Kontrolle stattfinden, wie das kontrollieren einzelner Hefte oder einzelne Arbeiten einzusammeln.
Bei Gruppenarbeit muss die Aufgabe sich zur Bearbeitung in einer Gruppe eignen. Das Ergebnis kann gegebenenfalls mit Basis und Expertengruppen evaluiert werden.
Motivierende Rückmeldungen
Im Idealfall findet eine intrinsische Belohnung für korrektes Handeln statt. Diese kann durch den Lehrer auch extrem durch ersetzt oder gegebenenfalls verstärkt [?] Werden.
Lob soll an das entsprechende Leistungsniveau des Einzelnen angepasst sein.
Misserfolge sollten auf den Faktor Anstrengung zurückgeführt werden, da diese durch den Schüler beeinflussbar ist.
Es sollte vermieden werden Teile der Klasse warten zu lassen, bis es weitergeht.
Wartezeiten vermeiden
das klären von organisatorischen Fragen und dem austeilen von Arbeitsmaterialien, soll zeitlich minimiert werden.
Wer er fertig ist, sollte wissen was er stattdessen tun kann.
Leistet der Lehrer Unterstützung, so darf er nicht diese unterbrechen um woanders Unterstützung zu leisten, ohne der ersten Gruppe nicht eine Möglichkeit zur zwischen Arbeit gegeben zu haben. Sonst wird der Eindruck vermittelt, dass diese für die Zeit der Abwesenheit keinen Unterricht hätten
Eigene „Störungen“ unterlassen
Langatmige Zurechtweisungen nach marginalen Unterrichtsstörungen behindern zusätzlich den Unterricht. Diese Unterrichtsstörungen sollten entweder ignoriert oder am Ende der Stunde besprochen werden.
Signale müssen frühzeitig gesendet werden, um Störungen im Keim zu ersticken.
Nonverbale Signale
Übersicht über dem Raum verschaffen und signalisieren, Positionswechsel im Raum, beim Schreiben an der Tafel umdrehen und Klasse betrachten, ein Gespräch mit einzelnen trotzdem alle anschauen, Störungen durch Antippen oder Handbewegungen beenden, auf störende Schüler zu gehen. (Dies erfordert die Überlappung von zwei Tätigkeit verbal und nonverbal
Verbale Signale
Begrenzen und Bekräftigen: [Link]
Lediglich bei zweitens und siebtens erfolgt eine verbale Äußerung.
Defizite in einzelnen Bereichen, können durch Stärken in anderen ausgeglichen werden.
Verhaltensänderungen lassen sich nicht sofort umsetzen, wenn das bestehende Verhalten sich eingeschlichen hat. Hier sind markante Änderungsmerkmale notwendig.
Grundmuster für viele Situationen
Ziel ist es immer möglichst schnell wieder in das Unterrichtsgeschehen einzuscheren.
Akutreaktionen sind nicht immer Konfliktlösungen
Kurzfristige Lösungen wie Kollektivstrafen oder Noten beheben das Problem nicht dauerhaft
Nützliche Fragen für eine Minimaldiagnose
Einfache diagnostische Hilfen: Von Beschreibung bis Befragung
Objektiv bleiben, Perspektive wechseln etc. [objektive Sachanalyse]
Regeln klarstellen
Regeln müssen aktiv kommuniziert werden, sie können nicht zwangsweise als selbstverständlich vorausgesetzt werden.
Anreize für die Klasse
Belohnung statt Bestrafung (einzelne oder ganze Klasse) [starker Gamification Ansatz!]
Bestrafung ist hier der Wegfall von Belohnung gesehen.
Belohnungen ausklingen lassen:
Eher Anreize als Strafen
Analog 3.3, nur anders beschrieben
Einzelgespräche: Wie führt man die?
tl;dr – im Ergebnis die Grundregeln der Gewaltfreien Kommunikation anwenden.
Klassengespräche nach Gordon
Modell, welches den DMAIC Zyklus in der Schule abbildet:
Stufe IV ist in DMAIC in Inprove (hier als Stufe V) realisiert.
Fallbeispiel: Unruhe – nicht zusammenfassbar
Regelmäßige Gesprächsrunden, Klassenrat
Die kooperative Methode nach Redlich & Schley
Unvollständige Implementierung des PDCA Zyklus:
Die Check-Phase sollte aus wirtschaftlicher Sicht niemals übersprungen werden, da sonst falsche / nicht realisierbare Entscheidungen nicht rechtzeitig erkannt werden.
Nützliche Vorgehensweisen neben dem Gespräch
Große Fallgeschichte: Schlechte Mitarbeit, allerlei Chaos – nicht zusammenfassbar
Fallbeispiele: Fehlende Hausaufgaben; schwieriger Unterrichtsbeginn– nicht zusammenfassbar
tl;dr – Hatte bisher keine Berührungspunkte damit und habe es daher überblättert. Es schien recht gering strukturiert zu sein.
Gliederung des Kapitels:
Literaturverzeichnis
[Disclaimer: Artikel wurde größtenteils diktiert, daher sind durch beherztes Nuscheln des Autors merkwürdige Sätze möglich.]