Digitaler Unterricht in Zeiten von Corona

15. März 2020 - Lesezeit: 12 Minuten

Bei Digitalen Unterricht, oder genauer CSCL (Computer Supported Collaborative/Cooperative Learning) lässt sich der klassische Unterricht nicht einfach übertragen. Vielmehr ist es notwendig eigene Methoden und Medien zu suchen bzw. zu entwickeln. Auch die Ziele werden sich verschieben, da Selbst und Sozialkompetenzen auf eine ganz neue Art gefordert werden, sowie neue Methodenkompetenzen erlernt werden müssen.

Hier das wichtigste des Artikels:

  • Du könntest jetzt Unterricht wie immer planen. Oder nicht. Mach doch mal ganz was anderes. Lass sie den Eltern beim Kochen eines gesunden Gerichts helfen, ein virtuelles Museum besuchen. Ein eigenes Thema entdecken. Bei Instagram Hamlet als getrennte Fotostory nacherzählen.
  • Weniger ist Mehr. Plane am Anfang doppelt so viel Zeit wie in der Schule ein
  • Es gibt synchrone und es gibt asynchrone Lernphasen. Für alle gibt es andere Medien. Das war im Klassenzimmer schon so und ist hier noch wichtiger. Ein Lehrervortrag etwa ist nur ein synchroner Vorgang, wenn alle anschließend Verständnisfragen stelen. Sonst wird der als Video aufgenommen, asychron von den Schüler*innen verarbeitet und in Kleingruppen weiter besprochen.
  • Kenne dein neues Medium und bring es den Schüler*innen wie auch in der Schule zuerst bei. Wo kann ich etwa in der Videokonferenz alle Teilnehmer*innen stumm schalten?
  • Kommuniziere eindeutig. Was genau ist bis wann zu tun? Wie viel Zeit soll ich mir dafür nehmen.
  • Kommunziere immer an einer Stelle. Niemand möchte auf fünf Webseiten nachsehen, ob es etwas neues gibt.
  • Richte dir Bürozeiten ein, und sei nicht rund um die Uhr für deine Schüler*innen erreichbar.

Das Lernen unterscheidet sich sehr stark je nach Gruppengröße:

  • Kleingruppen von wenigen Schüler*innen ermöglichen aufgrund der geringen Teilnehmeranzahl ein höheres Maß an Selbststeuerung und intensive Formen der Zusammenarbeit. Sie können gut durch gemeinsame Arbeitsbereiche und Werkzeuge zum synchronen oder asynchronen Lernen unterstützt werden.
  • In Schulklassen ist das Spektrum der einsetzbaren Kooperationsformen geringer. Hier spielen Fragen der Steuerung bzw. Automatisierung der Kooperation eine wichtige Rolle. Durch Konferenzsysteme, die Verbreitung von Folien, Bild und Ton sowie spezielle Werkzeuge für gemeinsame Übungen wird kooperatives Lernen auch in großen Lerngruppen möglich.

Da 90 Minuten synchrones Lernen am Stück eh zu viel ist, könntest du auch Aufgabe geben und dann mit je 1/3 der Schüler*innen für je 30 Minuten in einer Webkonferenz gemeinsam üben.

Kommunikation und Awareness

Wenn du im Unterricht wusstest das Nele müde ist, Justus gerade heimlich in der Nase popelt und Quint immernoch Kreide holt, so ist das im digitalen Raum alles schwerer zu erkenenn. Hier sind typtische Fragen, die du dir davor stellen solltest:

Probleme Lösungsansätze
Überwindung der Distanz im Medium – Wie können wir an verschiedenen Orten oder verschiedenen Zeiten kommunizieren? Nachrichtenaustausch, Speicherung von Nachrichten
Herstellung eines gemeinsamen Bezugsrahmens – Wie verweisen wir auf das selbe Material IDs für Nachrichten, Artefakte, Personen; Referenzen auf (Teile) von Nachrichten
Verengung der Kommunikationskanäle – Was war etwa ironisch? Wann ist die/der Lernende verzweifelt? Medienkonvergenz (siehe unten)
Koordination der Kommunikation – Wann darf eigentlich werden reden? Soziale, technische oder sozio- technische Protokolle, z.B. mittels floor control oder rollenbasierter Steuerung
Etablierung sozialer Wahrnehmung – Wie geht es den anderen? Awarenessanzeige

Je nach Kommunikationszweck gibt es folgende geeignete Systemklassen an Anwendungen:

systemklassen

Mediensynchronität

Mediensynchronität ist das Ausmaß, in dem es ein Kommunikationsmedium den Individuen ermöglicht, ein gemeinsames Muster koordinierten gleichzeitigen Verhaltens mit einem gemeinsamen Fokus zu erreichen. Es wird unterschieden in

  • Informationssuche (conveyance, Informationssammlung und -strukturierung in mentalen Modellen erfordert Informationsverarbeitungskapazität der Mitglieder sowie relevante Informationen und Alternativen; daher niedrigere Synchronität für bessere Leistung) und
  • Erzielung eines gemeinsamen Verständnisses (convergence, erfordert schnellen Austausch kleiner Informationen

Folgende Medien sind jeweils geeignet:mediensynchronität

Meta-Meta-Sammlung von Ideen und Werkzeugen

Wichtige Werkzeuge im Überblick

Arbeitsblätter

Einfach wie gehabt erstellen und dann als PDF speichern. Das kann sowohl Microsoft als auch Libre Office. Bitte keine DOCX rumschicken. Das ist unprofessionell und ein wandelndes Sicherheitsrisiko.

Sehr elegant und schnell geht es auch bei Tutory. Hier wird sich auch gern auf offener Basis ausgetauscht. Mit dem Code extraferien könnt ihr aktuell für 60 Tage die BASIC Version kostenfrei erhalten.

Schaubilder

Oft möchte man etwas visualisieren, auch wenn es nur für das Arbeitsblatt ist, kann man sein Präsentationsprogramm dafür verwenden und dann das Bild exportieren:

moodle

Hat deine Schule moodle? Dann frag die/den Admin, ob sie/er H5P installiert. Du hast dann ein sehr einfach zu bediendes Werkzeug zum Abbilden mehrerer Stunden

Erklärvideos erstellen

Ein einfacher Einstieg ist es sicher, seine Präsentation zu erstellen und dann dazu zu erzählen. Bei PowerPoint kann das etwa gleich als Video gespeichert werden:

Achte bei Videos immer auf einen guten Ton. Integrierte Mikrophone haben oft nicht so den besten Ton. Oft hilft ein Headset. Ein externes Mikrophone darf 50-150€ kosten. Profis verwenden einen Plopp-Schutz.

Natürlich kannst du auch jede andere Anwendung filmen. Dazu gibt es kostenfreie Anwendungen:

Oft wird angeboten die Maus hervorzuheben. Aktiviert unbedingt diese Funktion. Bewegt man die Maus nicht selbst, überieht man die oft im Video.

Hast du dich versprochen oder möchtest dein Hintergrundbild rausschneiden kannst du Shotcut nehmen

Profis können damit auch Inhalte verpixeln. Hier bei YouTube wird es erklärt. Im Deutschen sind die Fachbegriffe Weichzeichnen und Masken

Erfahrungsberichte

  • Ein Lehrer, der unter Caranäne stand, berichtet bei lehrerfreund. Man muss Anmerken, dass Discord eine wirklich schlechte Wahl als Werkzeug war, einiges lässt sich mit besseren Werkzeugen besser ausgleichen. Aber die Beobachtungen sind äußerst wertvoll!
  • Lehrer*innen aus China berichten (auf englisch)

Urheberrecht

Auf schulbuchkopie.de stehen die wichtigsten Regeln zusammengefasst. Der wichtigste Satz für uns:

Lehrkräfte dürfen Scans digital oder als Ausdruck an ihre Schüler weitergeben. Sie dürfen sie über PCs, Tablets, Whiteboards und/oder Beamer wiedergeben und im erforderlichen Umfang speichern, wobei Zugriffe Dritter durch effektive Schutzmaßnahmen verhindert werden müssen.

Du kannst also auch eine Arbeitsheftseite kopieren oder einen kurzen Film hochladen. Effektiver Schutz ist nicht eindeutig, aber das hier könnte reichen:

  • Passwortschutz, was nur deinen Schüler*innen bekannt ist
  • Eine Lehrplattform der Schule, des Schulträgers, des Landes
  • moodle kann etwa die Registrierung auf nur eine Domain (die deiner Schule) einschränken

Datenschutz

Bei aller Begeisterung, wir arbeiten hier mit Daten von minderjährigen. Auch der Name und Mailadresse sind schützenswerte Informationen. Schüler*innen dürfen sich nicht ohne weiteres irgendwo Accounts anlegen. Temporäre Mailadressen, funktionieren zwar oft, sind aber oft nicht erlaubt. 😉

Die Lernplattform darf in den meisten Fällen nicht bei Microsoft oder Google liegen. Was oft geht ist ein Auftragsdatenverarbeitungsvertrag mit dem Unternehmen abzuschließen, dann ist nach einigen Schulverordnungen einiges erlaubt.

Noch etwas zum Lachen.

Du hast bis hierhin durchgehalten? Wahnsinn! Dann hier schon ein Vorgeschmack auf dein virtuelles Klassenzimmer 😅:

Über

Material und Anregungen für den Informatikunterricht.